23. Oktober 2015, 04:39 Uhr US-Wahlkampf
Im Bengasi-Ausschuss suchen Republikaner und Demokraten nach Vorteilen für den Wahlkampf 2016. Hillary Clinton verrät, dass E-Mails für ihre Arbeit nebensächlich waren.
Amerikanische Präsidentschaftswahlkämpfe zeichnen sich durch ihre Länge und Brutalität aus. Lang dauert die Aussage von Hillary Clinton vor dem Bengasi-Sonderausschuss fraglos: Von zehn Uhr morgens bis neun Uhr abends beantwortet die Ex-Außenministerin Fragen über die Vorgeschichte des Terroranschlags auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi und warum sie die Öffentlichkeit wann und wie informiert habe.
Wirklich brutal ist dieser Tag jedoch nicht für die Top-Favoritin auf die Nachfolge von US-Präsident Barack Obama: Die Demokratin macht keinen schweren Fehler. Sie betont, wie entsetzt sie über den Tod der vier US-Amerikaner in Bengasi sei; dass sie anschließend alles getan habe, um eine solche Tragödie zu verhindern und die US-Diplomaten besser zu schützen.
Die Reaktionen folgen stets den parteipolitischen Linien: Die sieben Mitglieder der Republikaner versuchen, der ehemaligen Außenministerin Nachlässigkeit und Überheblichkeit nachzuweisen, während die fünf Demokraten ihrer Parteikollegin die Zeit geben, sich ausführlich zu äußern und Anschuldigungen der Konservativen (Details in diesem SZ-Artikel) zurückzuweisen. Wirklich brutal ist nur der Umgang mancher Ausschuss-Mitglieder miteinander, die sich wiederholt anbrüllen, über die Offenlegung diverser Protokolle streiten und wütend in die Pausen stürmen. Clinton verfolgt grinsend dieses politische Theater mit Laiendarstellern.
Viele Nachfragen zu Clintons E-Mails
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Im Zentrum der Diskussion stehen dabei meist jene E-Mails, die Hillary Clinton als oberste Diplomatin zwischen Anfang 2009 und Anfang 2013 erhalten und versendet hat. Die Republikaner wollen wissen, wieso Clinton angeblich niemals über die Bitten des in Bengasi getöteten Botschafters Chris Stevens nach mehr Sicherheitskräften informiert wurde - und zugleich mehr als 100 E-Mails von Sydney Blumenthal erhielt, einem alten Bekannten ihres Mannes, der in Libyen Geschäfte machen wollte.
Der Eindruck, der erweckt werden soll, ist klar: Clinton war es 2012 wichtiger, einem Freund der Familie zu helfen als sich um die Sicherheit der US-Diplomaten in Libyen zu kümmern. Ohne allzu gereizt zu wirken, sagt die 67-Jährige mehrmals: "Sydney Blumenthal war und ist nie mein Libyen-Berater gewesen." In ihrem Berufsalltag spielen E-Mails angeblich keine Rolle: "In meinem Büro im Außenministerium befand sich kein Computer. Ich brauche E-Mails nicht für meine Arbeit." Stevens, den sie als "Freund" bezeichnet, habe wie alle anderen Diplomaten gewusst, wie sie zu erreichen sei: "Niemand brauchte meine E-Mail-Adresse, um meine Aufmerksamkeit zu erhalten."
Dass die Republikaner ständig auf Blumenthal zurückkommen, liegt an dessen Lebensgeschichte, die untrennbar mit den Clintons verknüpft ist: Der ehemalige Journalist der Washington Post arbeitete unter Bill im Weißen Haus, bevor er in Washington als Lobbyist und Berater tätig war. 2007 unterstützte er Hillary bei deren Wahlkampagne und war anschließend bei der Clinton-Stiftung angestellt, während er parallel Geschäfte in Libyen starten wollte. Für viele Konservative sind die Blumenthal-Mails Beleg dafür, dass Hillary ihren Bekannten Aufträge zuschustert.
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